CDU-Veranstaltung: Ideen zur Verbesserung der Einsatzbereitschaft
Wie steht es um Rettungsdienst, Feuerwehr und Katastrophenschutz – und was muss sich ändern, damit die Einsatzkräfte auch in Zukunft handlungsfähig bleiben? Diese Fragen prägten die Veranstaltung „Brand- und Katastrophenschutz in der Zeitenwende“ in Mulmshorn. Dazu hat der CDU-Kreisverband Rotenburg gemeinsam mit den Landtagsabgeordneten Marco Mohrmann und Eike Holsten eingeladen. Zahlreiche Gäste, darunter viele Vertreter aus Feuerwehr, Rettungsdienst und Ehrenamt, diskutierten mit Alexander Wille, Sprecher der CDU-Landtagsfraktion für Feuerwehr, Rettungsdienst und Katastrophenschutz, über Lösungsansätze und notwendige Reformen.
Zwischen Überlastung und Reformideen
Der Landtagsabgeordnete Alexander Wille, der selbst einst als Rettungsassistent und neben dem Mandat weiterhin in seinem Grundberuf als Geschäftsführer im Rettungsdienst tätig ist, eröffnete die Veranstaltung mit einer kritischen Analyse. „Die Schlagzeilen sagen, der Rettungsdienst sei ausgelastet und an seiner Belastungsgrenze. Doch 30 bis 50 Prozent der Patienten gehören eigentlich nicht dorthin – Rückenschmerzen, ein eingewachsener Fußnagel oder der unter der Woche verschleppte Hausarzttermin.“ Wille betonte, dass es nicht die eine Schraube gebe, an der man drehen müsse, sondern dass das gesamte System klug und zielorientiert reformiert werden sollte.
Der CDU-Politiker verdeutlichte die Situation in Rettungsleitstellen. Wenn ein Notruf eingeht, habe der Disponent nur vier Knöpfe, um entweder Notarzt, Rettungswagen, Notfallkrangenwagen oder Krankenwagen zu alarmieren. Ein Beispiel für verpasste Chancen sei das Konzept des Gemeindenotfallsanitäters. In Oldenburg habe man im Rahmen eines Pilotprojekts damit gute Erfahrungen sammeln und das Rettungswesen deutlich entlasten können. Gemeindenotfallsanitäter übernehmen kleinere niederschwellige medizinische Aufgaben, wechseln Katheter, verabreichen Medikamente oder rufen einen Pflegedienst – und sparen so Kosten und Personal, aber vor allem verhindern sie unnötige Krankenhausaufnahmen.
Die CDU habe sich drei Jahre lang im Landtag für die Einführung stark gemacht, sei aber bei der damaligen Gesundheitsministerin und heute verantwortlichen Innenministerin Behrens auf Widerstand gestoßen. „Mir ist es egal, wie das Etikett heißt, Hauptsache, das System wird entlastet“, zeigt sich der Christdemokrat lösungsorientiert. Eine gute Idee, die durchgesetzt wurde, sei die Telenotfallmedizin, die in Niedersachsen 2024 eingeführt wurde, bei der sich ausgebildete Mediziner vor Ort im Ernstfall dazu schalten können.
Für eine lebhafte Diskussion sorgten Stimmen aus dem Publikum, darunter Wiebke Scheidl, die nach 18 Jahren Berufserfahrung im Rettungsdienst urteilt: „Das System kränkelt. Ich hoffe, dass sich etwas ändert.“ Wille ergänzte: „Wir haben einen guten Rettungsdienst, doch jeder funktioniert anders. Du rettest in München anders als in Baltrum-Ost. Die Verantwortung dafür liegt bei den Ländern, die Handlungskompetenz sollte bei den Kommunen verbleiben.“
Mobile Retter: Ehrenamt clever nutzen
Ein positives Beispiel im Landkreis Rotenburg sei das Konzept der „Mobilen Retter“, das aus den Niederlanden stammt. Rolf Eckhoff, Geschäftsführer des DRK-Kreisverbands Bremervörde, erläuterte: „Über eine Handy-App werden ehrenamtliche mobile Retter im direkten Umkreis alarmiert. Sie leisten die Erstmaßnahmen im Notfall und rufen bei Bedarf einen Arzt hinzu. Das System kostet wenig, wird von mehr als 500 Ehrenamtlichen getragen und funktioniert seit mehreren Jahren sehr gut.“ Wille lobte das Engagement, betonte aber die Grenzen des Ehrenamts: „Die Idee ist großartig, doch das System darf nicht nur vom Ehrenamt getragen werden, die Strukturen müssen verbessert werden.“
Katastrophenschutz: Strukturen ausbauen
Alexander Wille ging auch auf die veränderte außenpolitische Sicherheitslage ein: „Wir haben die Strukturen runtergefahren. Was vor 30 Jahren existierte, wurde abgebaut. Bevölkerungsschutz muss mit militärischen Strukturen gedacht werden.“ Dabei erwähnte er die „Helfergleichstellung“ und sprach sich dafür aus, die Unterschiede zwischen den ehrenamtlichen Helfern der verschiedenen Blaulichtorganisationen hinsichtlich Freistellung und Verdienstausfälle zu beseitigen. „Wir haben eine Zweiklassengesellschaft im Ehrenamt. Ein Absatz im Katastrophenschutzgesetz würde reichen, um alle Helfer gleich abzusichern. Diese Helfergleichstellung hat Rot-Grün zuletzt im Landtag abgelehnt!“ Wille kündigte an, dass die CDU diese Ungerechtigkeit in Bezug auf die Ehrenamtlichen mit einem Wahlsieg 2027 korrigieren wolle und dafür zwei Millionen Euro im Haushalt eingeplant hat.
Zudem wies Wille darauf hin, dass Katastrophenschutz „jeden Einzelnen im Alltag betreffe“. Aus dem Publikum kam die Idee zur Resilienzsteigerung der Bevölkerung, etwa über Wissensvermittlung zu Hausmitteln, Notversorgung oder Notfallpläne, auch in Schulen.
Feuerwehr: Praxisnahe Ausbildung
Ein zentrales Thema war das neue Brandschutzgesetz, das Wille als „verschlimmbessert“ bezeichnete. Vertreter der Feuerwehren kritisierten unzureichende Ausstattung, veraltete Technik und fehlende Gebäude. Ein Feuerwehrmann appellierte leidenschaftlich: „Wir helfen gern, aber nur, wenn wir Equipment und Manpower haben.“
Auch die praktische Ausbildung kam zur Sprache: „Die Leute wollen kuppeln, sie wollen es spüren – nicht nur digitale Lehrgänge absolvieren. Uns fehlt die praktische Ausbildung“, so Kreisbrandmeister Peter Dettmer, der ebenfalls als Besucher zu Gast war. Eine kommunale Vertreterin berichtete, dass Schulungen oft aufgrund fehlender Kapazitäten nicht stattfinden könnten, wodurch wertvolles Potenzial verloren gehe. Aus Sicht der CDU werde die Feuerwehr in Niedersachsen insgesamt nicht genug wertgeschätzt. Personal- und Dozentenmangel belasten die Ausbildungskapazitäten zusätzlich. Wille plädierte deshalb dafür, dass die Feuerwehren über ihren Verband direkten Kontakt nach Hannover aufnehmen sollten, um ihre Anliegen hörbar zu machen: „Sprechen Sie mit Ihren Funktionären, damit diese Botschaften bei der Innenministerin in Hannover ankommen.“
Neben Ausbildung und Personal wurden auch andere Herausforderungen diskutiert, darunter die zunehmende Gewalt gegen Rettungskräfte. Abschließend bedankten sich Eike Holsten, Marco Mohrmann und Alexander Wille für die zahlreichen wichtigen Impulse: „Herzlichen Dank für Ihren engagierten Einsatz!“





Fotos: Baraz